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Definition von Histamin und Histaminunverträglichkeit
Histamin ist ein biogenes Amin, das sowohl im Körper produziert als auch mit der Nahrung aufgenommen wird. Die Histaminunverträglichkeit ist ein Ungleichgewicht zwischen aufgenommenem Histamin und der Fähigkeit des Körpers, es durch das Enzym Diaminoxidase (DAO) abzubauen (AWMF-Leitlinie, 2011).
Histaminunverträglichkeit wird als Symptomatik definiert, die durch den Verzehr von Histamin in normalerweise nicht toxischen Mengen auftritt. Sie ist weder eine Allergie noch eine nichtimmunologische Nahrungsmittelunverträglichkeit, sondern eine Abbaustörung. Die Histaminunverträglichkeit betrifft etwa 1% der europäischen Bevölkerung.
Klinik der Histaminunverträglichkeit
Bei einer gestörten Histaminverarbeitung kann es zu vielfältigen Symptomen kommen, da Histamin über Rezeptoren im gesamten Körper wirkt. Zu den häufigsten Beschwerden zählen:
- Magen-Darm-Symptome (Blähungen, Durchfall)
- Kopfschmerzen
- nasale Obstruktion
- Herzrhythmusstörungen
- Hautreaktionen wie Urtikaria
Diese Symptome treten auf, wenn die individuelle Toleranzschwelle für Histamin überschritten wird.
Histaminschwelle: Patienten mit einer niedrigen DAO- oder HNMT-Aktivität können schon durch den Verzehr geringer Mengen histaminreicher Lebensmittel Symptome entwickeln.
Ursachen der Histaminunverträglichkeit
- Histaminquellen:
- Histaminreiche Lebensmittel: Dazu gehören lang gereifte oder gelagerte Lebensmittel wie alkoholische Getränke (insbesondere Rotwein und Sekt), Hartkäse, Fischkonserven, Salami, Sauerkraut, Tomaten, Nüsse und Schokolade.
- Histaminliberatoren: Substanzen, die die Freisetzung von Histamin im Körper stimulieren, wie Erdbeeren, Zitrusfrüchte, Ananas, und bestimmte Medikamente (Analgetika, Röntgenkontrastmittel).
- DAO-Hemmer: Einige Medikamente (z. B. Amitriptylin, Verapamil) hemmen das Enzym DAO, was die Histaminverwertung beeinträchtigen kann.
- DAO-Aktivität und Darmerkrankungen: Chronische Darmerkrankungen wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder Zöliakie können die DAO-Produktion reduzieren, da das Enzym hauptsächlich in der Dünndarmschleimhaut gebildet wird. Dadurch wird die Histaminverarbeitung weiter gestört.
Diagnosestellung der Histaminunverträglichkeit
- Anamnese und Ernährungstagebuch: Eine gründliche Anamnese und die Analyse eines Ernährungstagebuchs helfen dabei, den Zusammenhang zwischen Symptomen und histaminhaltigen Lebensmitteln oder Medikamenten zu erkennen.
- DAO- und THAK-Tests: Zur Diagnosestellung können sowohl der DAO- als auch der THAK-Test herangezogen werden. Der DAO-Test misst die spezifische Aktivität dieses Enzyms, während der THAK-Test die gesamte Histamin-Abbaukapazität im Körper erfasst. Dies erlaubt eine differenzierte Diagnose.
- Provokationstest: Eine definitive Diagnose kann durch einen doppelblinden placebokontrollierten Provokationstest erfolgen, bei dem der Patient kontrolliert mit Histamin in Kontakt gebracht wird, um seine Reaktion zu beobachten (AWMF-Leitlinie, 2011).
Therapie der Histaminunverträglichkeit
- Histaminreiche Lebensmittel meiden: Eine histaminarme Diät ist die Basis der Therapie. Betroffene sollten auch Histaminliberatoren und DAO-hemmende Substanzen meiden.
- Nahrungsergänzungen können durch eine Stabilisierung der Mastzellen und Verringerung von Entzündungsreaktion die Histaminfreisetzung regulieren. Zudem kann die Histaminabsorption durch die Blockierung der Histaminrezeptoren (über kompetitive Hemmung) unterstützt werden.
- Medikamentöse Unterstützung: Antihistaminika oder Cromoglicinsäure können eingesetzt werden, um die Symptome zu lindern. Eine DAO-Substitution kann in einigen Fällen ebenfalls erwogen werden, wobei die Datenlage hierzu noch begrenzt ist.
- Ernährungsberatung: Betroffenen wird empfohlen, sich über den Histamingehalt in Lebensmitteln zu informieren und ihre Ernährung entsprechend anzupassen. Unterstützende Ratgeber sind oft hilfreich (AWMF-Leitlinie, 2011).
Assoziierte chronische Erkrankungen
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED)
Morbus Crohn und Colitis ulcerosa: Bei diesen Erkrankungen ist die Darmwand entzündet, was die Aktivität der DAO im Darm beeinträchtigen kann. Da DAO in der Darmschleimhaut produziert wird, führt die chronische Entzündung zu einer verminderten Enzymproduktion und somit zu einer erhöhten Histaminexposition. Patienten mit CED berichten häufig über Symptome, die mit einer Histaminunverträglichkeit in Verbindung stehen, wie Durchfall, Blähungen und Magenkrämpfe.
Reizdarmsyndrom (RDS)
Viele Menschen mit Reizdarmsyndrom (RDS) haben Symptome, die denen einer Histaminunverträglichkeit ähneln, darunter Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung. Es wird vermutet, dass bei einigen RDS-Patienten ein gestörter Histaminabbau eine Rolle spielen könnte, da Histamin die Darmmotilität beeinflusst.
Allergien und Asthma
Histamin ist ein wesentlicher Mediator bei allergischen Reaktionen, insbesondere bei Heuschnupfen, allergischem Asthma und Urtikaria (Nesselsucht). Patienten mit Histaminunverträglichkeit können ähnliche Symptome wie bei allergischen Reaktionen erleben, da ihr Körper Schwierigkeiten hat, überschüssiges Histamin abzubauen. Asthma-Patienten können durch eine erhöhte Histaminmenge in den Atemwegen verstärkte Symptome wie Atemnot und bronchiale Hyperreaktivität entwickeln.
Migräne
Histamin kann auch als Trigger für Migräne wirken. Histamin beeinflusst die Weitstellung der Blutgefäße und kann bei Menschen mit einer Histaminintoleranz oder reduzierter DAO-Aktivität Kopfschmerzen oder Migräneanfälle auslösen. Studien haben gezeigt, dass Migränepatienten eine höhere Sensitivität gegenüber histaminreichen Lebensmitteln aufweisen können.
Fibromyalgie
Bei Patienten mit Fibromyalgie, einer chronischen Erkrankung, die durch weit verbreitete Schmerzen und Empfindlichkeit der Muskeln und des Bindegewebes gekennzeichnet ist, wurde festgestellt, dass sie häufig auch Symptome einer Histaminintoleranz haben. Dies könnte auf eine veränderte Histaminverarbeitung oder auf eine Überaktivität des Mastzellensystems zurückzuführen sein.
Mastozytose
Die Mastozytose ist eine seltene Erkrankung, bei der es zu einer übermäßigen Ansammlung von Mastzellen im Körper kommt. Diese Zellen setzen Histamin frei, was zu schweren Symptomen wie Hautausschlägen, Juckreiz, Magen-Darm-Beschwerden und Kreislaufproblemen führt. Bei dieser Erkrankung ist das Histaminlevel im Körper chronisch erhöht, was die Symptome verstärkt und die Histaminverarbeitung zusätzlich belastet.
Zöliakie
Bei Zöliakie-Patienten kann die Entzündung der Darmzotten die DAO-Produktion im Dünndarm beeinträchtigen. Dadurch wird der Abbau von Histamin behindert, was zu einer erhöhten Histaminmenge im Körper führt und Symptome der Unverträglichkeit hervorrufen kann. Oft wird eine glutenfreie Diät empfohlen, die auch histaminreiche Lebensmittel einschränkt.
Hauterkrankungen (z. B. Neurodermitis, Psoriasis)
Histamin spielt eine Rolle bei Hauterkrankungen wie Neurodermitis (atopisches Ekzem) und Psoriasis. Bei Neurodermitis kann Histamin die Hautbarriere schädigen und Juckreiz auslösen, während bei Psoriasis entzündliche Prozesse mit Histamin vermittelt werden können. Diese Hauterkrankungen können durch histaminreiche Lebensmittel oder Medikamente verschlimmert werden.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Eine Histaminunverträglichkeit kann Symptome wie Blutdruckschwankungen, Tachykardie (erhöhte Herzfrequenz) und Herzrhythmusstörungen verursachen. Histamin hat einen direkten Einfluss auf die Blutgefäße und das Herz-Kreislauf-System, was bei Menschen mit Histaminintoleranz zu Kreislaufproblemen führen kann. Es wird oft von plötzlichen Blutdruckabfällen oder Herzrasen nach dem Verzehr histaminreicher Lebensmittel berichtet.
Unterstützende Laborparameter
THAK (Totale Histamin-Abbaukapazität)
Funktion
THAK bezieht sich auf die Fähigkeit des Körpers, Histamin vollständig abzubauen. Diese Kapazität wird durch die kombinierte Wirkung von DAO und anderen Enzymen, wie der Histamin-N-Methyltransferase (HNMT), gewährleistet. Während DAO vor allem für den Abbau von Histamin im Verdauungstrakt verantwortlich ist, wirkt HNMT hauptsächlich im zentralen Nervensystem und in anderen Geweben. Die totale Histamin-Abbaukapazität hängt also von mehreren Faktoren ab, darunter die Funktion dieser Enzyme und ihre Verfügbarkeit im gesamten Organismus.
THAK-Test
Der THAK-Test misst die gesamte Fähigkeit des Körpers, Histamin abzubauen, indem er sowohl die Aktivität von DAO als auch von HNMT berücksichtigt. Dieser Test ist besonders wertvoll, da er einen umfassenderen Überblick über die Histaminverarbeitung im Körper bietet, anstatt sich nur auf DAO zu konzentrieren. Dies ist wichtig, da eine gestörte Histaminverarbeitung oft nicht allein auf eine verminderte DAO-Aktivität zurückzuführen ist, sondern auch auf eine eingeschränkte Funktion anderer Abbauwege (Maintz & Novak, 2007).
Anwendungsgebiet
Der THAK-Test wird eingesetzt, um die Gesamtfähigkeit des Körpers zur Histaminverarbeitung zu bewerten. Er wird bei Patienten angewendet, die unter Symptomen leiden, die auf eine Histaminunverträglichkeit hinweisen, aber bei denen die alleinige Messung der DAO-Aktivität keine ausreichende Erklärung liefert. Der Test hilft, eine umfassendere Diagnose zu stellen und die richtige Behandlungsstrategie zu wählen, insbesondere bei Patienten mit einer komplexen oder unklaren Histaminunverträglichkeit.
DAO (Diaminoxidase)
Definition
Histaminunverträglichkeit ist eine Abbaustörung, die durch den Konsum von Histamin in normalerweise nicht toxischen Mengen ausgelöst wird. Sie ist weder eine klassische Allergie noch eine nicht-immunologische Nahrungsmittelunverträglichkeit. Es handelt sich um ein Ungleichgewicht zwischen der aufgenommenen Menge Histamin und der Fähigkeit des Körpers, es abzubauen, vor allem durch das Enzym DAO.
Funktion
DAO ist das primäre Enzym, das für den Abbau von Histamin verantwortlich ist. Es spielt eine Schlüsselrolle bei der Vermeidung einer Anreicherung von Histamin im Körper, insbesondere im Verdauungstrakt. Bei einer Histaminunverträglichkeit liegt ein Ungleichgewicht zwischen der Histaminaufnahme und dem Abbau durch DAO vor, was zu einer Vielzahl von Symptomen führen kann.
DAO-Test
Der DAO-Test misst die Enzymaktivität im Blut, um Hinweise auf eine mögliche
Histaminintoleranz zu liefern. Patienten mit einer reduzierten DAO-Aktivität neigen dazu, schon bei der Aufnahme kleiner Mengen Histamin Symptome zu entwickeln. Dieser Test wird genutzt, um die DAO-Aktivität zu bestimmen, obwohl die Korrelation zwischen der DAO-Konzentration im Blut und der Aktivität im Darm nicht immer eindeutig ist (AWMF-Leitlinie, 2011). Die Bestimmung der DAO-Konzentration wird teilweise kontrovers diskutiert, da sie nicht immer direkt mit der lokalen Enzymaktivität im Darm korreliert. Zudem spielt auch die Histamin-N-Methyltransferase eine Rolle im Histaminabbau, die bisher weniger erforscht ist.
Anwendungsgebiet
Histaminintoleranz-Diagnostik: DAO-Tests werden vor allem bei Patienten durchgeführt, die unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, Hautreaktionen oder Herz-Kreislauf-Probleme aufweisen. Besonders dann, wenn diese Beschwerden durch den Konsum histaminreicher Lebensmittel oder bestimmter Medikamente verstärkt werden. Ernährungsberatung und Therapie: Neben der Diagnostik wird Betroffenen empfohlen, eine histaminarme Diät zu halten und Nahrungsmittel sowie Medikamente zu meiden, die DAO hemmen oder als Histaminliberatoren wirken. Medikamente wie Antihistaminika oder DAO Substitutionen können unterstützend zur Symptomlinderung eingesetzt werden.